Pressemeldung 25. Oktober 2021

Handel und Landwirtschaft: Das erste BILLA Tischgespräch räumt mit Vorwürfen auf

„Die Bauern haben keine Chance gegen die Übermacht des Handels. Erpresserische Zustände! Bauern sind die Verlierer“, Moderator Peter Filzmaier läutete das erste BILLA Tischgespräch mit Zitaten ein, die in der jüngsten Vergangenheit für Aufsehen in den Medien sorgten und die Debatten zwischen Handel und Landwirtschaft zuspitzten.

v.l.: Johann Stutz (Privatperson), Gabriele Zgubic-Engleder (Leiterin Konsumentenpolitik in der Arbeiterkammer Wien), Georg Strasser (Präsident des Österreichischen Bauernbundes und Abgeordneter zum Nationalrat), Moderator Peter Filzmaier (Politikwissenschafter und Universitätsdozent), Marcel Haraszti (Vorstand REWE International AG) und Andreas Steidl (Geschäftsführer Ja! Natürlich) beim ersten BILLA Tischgespräch zum Thema Regionalität.

v.l.: Johann Stutz (Privatperson), Gabriele Zgubic-Engleder (Leiterin Konsumentenpolitik in der Arbeiterkammer Wien), Georg Strasser (Präsident des Österreichischen Bauernbundes und Abgeordneter zum Nationalrat), Moderator Peter Filzmaier (Politikwissenschafter und Universitätsdozent), Marcel Haraszti (Vorstand REWE International AG) und Andreas Steidl (Geschäftsführer Ja! Natürlich) beim ersten BILLA Tischgespräch zum Thema Regionalität. / Copyright: BILLA / Harson, Abdruck zu PR-Zwecken honorarfrei

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Um mit den Anschuldigungen und Pauschalurteilen aufzuräumen, rief BILLA ein neues Dialog-Format ins Leben. Unter dem Motto „Erntedank – danke an wen und wofür?“ trat am Donnerstagabend, den 21. Oktober, erstmals eine Expert:innenrunde zusammen, die die Interessen aller Parteien der Branche, unverblümt auf den Tisch legte. Als Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels Marcel Haraszti, Vorstand REWE International AG, und Andreas Steidl, Geschäftsführer Ja! Natürlich. Georg Strasser, Präsident des Österreichischen Bauernbundes und Abgeordneter zum Nationalrat, als Vertreter der Landwirtschaft, Gabriele Zgubic-Engleder, Leiterin Konsumentenpolitik in der Arbeiterkammer Wien, als Vertreterin der Konsument:innen sowie Johann Stutz, als Repräsentant der Kund:innen nahmen an der Diskussion teil. Politikwissenschafter und Universitätsdozent Peter Filzmaier führte als Moderator durch das einstündige Gespräch.

Regionalität als Qualitätsaspekt?

„Regional ist für uns die punktgenaue Erfüllung der Kundenwünsche – wir zeichnen in unseren Märkten genau aus, ist ein Produkt lokal, also maximal 30km entfernt, ist es regional, stammt es aus dem Bundesland, oder ist es aus Österreich und dann kann der Kunde entscheiden, ob er sich für österreichische Qualität entscheiden möchte oder nicht“, so Marcel Haraszti. Aus Konsumentensicht teilt Johann Stutz die Auffassung, dass vor allem kurze Wege von Produzent:innen zu ihm als Kunden Regionalität für ihn ausmacht. Für Georg Strasser spielt als Landwirt die emotionale Komponente eine entscheidende Rolle: „Ich erlebe Regionalität und regionale Lebensmittel dort, wo ich einen persönlichen Bezug habe, wo ich unter Umständen die Bäuerin und den Bauern ums Eck kenne.“ Einen kritischen Ansatz brachte Gabriele Zgubic-Engleder in die Diskussion ein, indem sie auf die unterschiedlichen Auffassungen von Regionalität – auch in Zusammenhang mit der Lebensmittelqualität hinwies: „Regionalität hat per se nichts mit Qualität zu tun. Es sagt nichts darüber aus, wie ein Tier gehalten wird oder wie eine Pflanze wächst.“ Dennoch waren sich alle Diskutant:innen einig, dass das regionale Angebot im Lebensmittelhandel in Österreich ein außerordentliches ist und auch im EU-Vergleich im Top-Level spielt. Als Best Practice Beispiel führte Andreas Steidl dazu die „Grüne Kuh“-Produktrange von Ja! Natürlich an: „Da haben wir die allerhöchsten Tierwohlstandards. Die Kühe sind immer im Freilauf.“

Die Wertschöpfungskette als zentrales Thema der Diskussion

In den Argumenten der einzelnen Diskutant:innen wurde schnell klar, dass die Verteilung um die Wertschöpfungskette überdacht werden muss. Georg Strasser sieht den sinkenden Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfungskette als besonders besorgniserregend und spricht sich auch für höhere Löhne der österreichischen Landwirt:innen aus: „Die Bäuerinnen und Bauern sind bereit. Der Tisch ist gedeckt, es ist letztendlich eine Frage der Preisentwicklung wie sich zum Beispiel die Schweinebranche in ihrem Sinn in die richtige Richtung entwickelt.“ Er räumt ein, dass die gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Handel von Phasen geprägt sei, die eben mal besser und mal schlechter laufen. Marcel Haraszti plädiert dafür, keine Pauschalurteile über die Handelsbranche zu treffen und, dass der Handel nicht die alleinige Verantwortung für das Wohl der Landwirtschaft und landwirtschaftliche Produkte trägt (beispielsweise werden 60% der österreichischen Milch exportiert). Dafür erntet er Zustimmung von den Mitdiskutant:innen. Gabriele Zgubic-Engleder thematisiert mit Nachdruck die hohen Förderungen, die es für die Landwirtschaft gibt und fordert mehr Transparenz, wofür diese genutzt werden: „Die Menschen wollen Produkte, die nicht auf Kosten der Umwelt, der Menschen und der Tiere gehen.“ Für Johann Stutz, der als Kunde schlussendlich entscheidet, was gekauft wird und was nicht, liegt es auf der Hand, dass das Angebot im österreichischen Lebensmittelhandel alle Bedürfnisse bestens erfüllt. Er sieht es als Aufgabe der Politik, konkrete Lösungen für die identifizierten Problematiken zu schaffen. Schließlich handelt es sich dabei laut ihm um die Vertreter:innen des Volkes, die auch für dessen Interessen einstehen sollten.

Gemeinsame Forderung nach lang ersehnter Umsetzung der EU-Richtlinie

Nach der Skizzierung der einzelnen Problematiken und Ansichten kristallisierte sich schnell heraus, dass es allen Anwesenden ein wichtiges Anliegen ist, gemeinsam eine Lösung zu finden und den medialen Schuldzuweisungen ein Ende zu setzen. In derDiskussion wurde auf die zwei Jahre alte EU-Richtlinie, die in Österreich noch immer nicht umgesetzt wurde, hingewiesen. Der lang erwartete Gesetzesentwurf könnte die Forderungen aller Parteien berücksichtigen und damit für mehr Fairness entlang der gesamten Wertschöpfungskette sorgen. Die Einführung der Ombudsstelle sowie die weiteren Maßnahmen der Bundeswettbewerbsbehörde sieht die Diskussionsrunde durchaus positiv.

Die spannende Diskussion wurde live auf Twitter übertragen und kann hier nachgesehen werden: